Jägerlatein

Seit ich neben den Igeln auch andere Wildtiere aufziehe, habe ich mich intensiv mit dem Thema Jagd in Deutschland beschäftigt.

Ich habe erfahren, dass das deutsche Jagdgesetz auf dem Reichsjagdgesetz von 1932 beruht, welches zwei Jahre später von Herrmann Göring in Kraft gesetzt wurde. 80 Jahre später hat sich nicht allzu viel getan – das Bundesjagdgesetz stimmt in weiten Teilen mit dieser überalterten Gesetzvorlage überein.

Fast 100 Tierarten gehören in Deutschland zum jagdbaren Wild, darunter bedrohte Arten wie Feldhasen, Rebhühner und Dachse.

Es gibt für viele Tierarten keine Schonzeiten, d.h., sie dürfen ganzjährig geschossen werden. Hierzu gehören (in M/V) u. a. Fuchs, Steinmarder, Wildschwein und Dachs. Letztgenannter steht auf der „Roten Liste“, doch das nützt ihm wenig, denn er wird gnadenlos bejagt.

Die Jägerschaft vertritt die Auffassung, dass nur durch eine gezielte Bejagung das Raubwild „kurz gehalten wird“. Gejagt wird vornehmlich mit Fallen. Es gibt Totschlagfallen, die nicht zuverlässig sofort töten, wie es das Gesetz vorschreibt. Manchmal dauert es Stunden, ehe ein Tier unter Schmerzen und Stress stirbt. Und es gibt Lebendfallen, die genauso grausam sind und in denen die Tiere oft tagelang ausharren müssen, ehe ein Jäger kommt und sie erschlägt.

2012 habe ich drei Steinmarder mit der Flasche großgezogen und einen vierten zur Auswilderung übernommen. Dabei habe ich faszinierende Einblicke in das Leben dieser Tierart erhalten und viel gelernt über die Intelligenz und Anpassungsfähigkeit der Steinmarder. Ich kann den Hass der Jäger auf dieses „Raubwild“ nicht nachvollziehen, verstehe nicht, warum man sie verteufelt, obwohl sie doch nachweislich keine messbaren Schäden in der Natur verursachen. Und vor allem mag ich mir nicht vorstellen, dass sie in eine Falle geraten und elend zu Grunde gehen, so wie die ca. 48.200 Marder, die allein im Jahr 2010/11 in Deutschland zur Strecke gebracht wurden.

Längst ist durch seriöse Untersuchungen von Wissenschaftlern festgestellt worden, dass durch eine intensive Bejagung sogenannter Beutegreifer (z. B. Füchse, Marderartige) die vorhandenen Bestände nicht reguliert werden können. Das Gegenteil ist sogar der Fall, die Tiere reagieren mit gesteigerter Fortpflanzung, um die Populationsdichte wieder zu stabilisieren. Diese Fakten werden aber von der Jägerschaft geleugnet und es wird weiter geschossen, erschlagen und vergiftet.

Als ich im Frühjahr/Sommer 2012 drei Feldhasen in die Freiheit entließ, habe ich Wochen vorher nach einem geeigneten Gebiet gesucht und Gespräche mit Jägern geführt. Nur einer konnte glaubwürdig versichern, die Feldhasen in seinem Jagdrevier auf Dauer zu schonen.
Eine Tierart, die in den vergangenen Jahrzehnten so stark dezimiert wurde wie der Feldhase, weiterhin zu bejagen, ist in meinen Augen Frevel! Doch im vergangenen Jahr mussten knapp 370 000 Feldhasen in Deutschland durch die Jagd ihr Leben lassen. Schlimm genug, dass diese Tierart so stark unter den veränderten Umweltbedingungen und der intensiven Landwirtschaft leidet und sich längst nicht mehr ausreichend reproduzieren kann, werden die Bestände durch die Jagd weiter vermindert.

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Vor einigen Jahren ging ich mit meiner Hündin auf einem abgeernteten Acker spazieren. „Kira“ bewegte sich ohne Leine in einem Umkreis von 10 m um mich herum und war jederzeit gut abrufbar. Plötzlich kam ein Jeep quer über den Acker gefahren, hielt neben uns an und heraus stieg ein schwerbewaffneter Mann. Mit den Patronengurten um Bauch und Schulter erinnerte er mich an einen Cowboy aus den Filmen meiner Kindheit. Es gab eine unschöne Auseinandersetzung mit diesem Herrn, der mir vorwarf, die Jagdruhe zu stören und das Wild zu vertreiben. Am liebsten hätte er meinen Hund erschossen, der inzwischen brav neben meinen Füßen saß.
Dieser Mann gehört zu den tausenden Hobbyjägern, die es in Deutschland gibt und die nur aus Spaß am Töten unterwegs sind. Sie zahlen eine Gebühr und dürfen dafür eine bestimmte Anzahl Wild schießen. Jagdtourismus, gerade auch in Mecklenburg, wird inzwischen stark beworben. Hier geht es ausschließlich um Profit und mit Hege hat diese Art des Tötens nichts zu tun.

Andere Erfahrungen, wie die Wildschweinjagd aus Autos, Kirrungen, also Futterplätze, die dazu dienen sollen, Wild anzulocken, um es bequem vom Hochstand abzuschießen und vor allem auch die tierquälerischen Schliefanlagen, haben mich dazu gebracht, der Jagd in Deutschland sehr sehr kritisch gegenüberzustehen.

 

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